Ban­ken und die Fra­ge der Einlagensicherung


Erschie­nen in der Neu­en Zür­cher Zei­tung vom 26. April 2023

Ange­sichts der bei der CS-Ret­tung vom Bund über­nom­me­nen Risi­ken soll­te man über einen mög­li­chen Umbau der heu­ti­gen Ein­la­gen­si­che­rung zu einer eigent­li­chen Ver­si­che­rung nachdenken. 

Gast­kom­men­tar von Paul Huber

Seit der Über­nah­me der Credit Suis­se durch die UBS stellt sich drän­gend die Fra­ge, wie in Zukunft mit dem Pro­blem der sys­tem­kri­ti­schen Grös­se der allein noch ver­blie­be­nen Gross­bank umzu­ge­hen sei. Vor­erst aber ist zu hof­fen, dass die von Bund und SNB bei der CS-Ret­tung gespro­che­nen Garan­tien nie ein­ge­löst wer­den müs­sen, da dies zulas­ten der Steu­er­zah­ler ginge.

Bun­des­rä­tin Karin Kel­ler Suter hat die­se Garan­tien als eine «Ver­si­che­rung» bezeich­net. Für einen Ver­si­che­rungs­schutz muss man nor­ma­ler­wei­se jedoch im Vor­aus eine Ver­si­che­rungs­prä­mie bezah­len. Und eine vom Staat gestell­te Ver­si­che­rung für Risi­ken in der Grös­se, wie sie man­che Ban­ken ein­ge­hen, soll­te nicht null Fran­ken kos­ten. Ban­ken, und ins­be­son­de­re Gross­ban­ken, genies­sen eine impli­zi­te Über­le­bens­ga­ran­tie, über die kei­ne ande­ren Wirt­schafts­un­ter­neh­men ver­fü­gen. Für die­se Über­le­bens­ga­ran­tie wäre eine «Ver­si­che­rungs­ge­bühr» angebracht.

In der Schweiz besteht eine Ein­la­gen­si­che­rung (ESI) bis zum Betrag von 100 000 Fran­ken pro Kun­de und Bank, wobei der aus­zahl­ba­re Maxi­mal­be­trag auf 8 Mrd. Fran­ken limi­tiert ist, was 1,6 Pro­zent der gesi­cher­ten Kun­den­ein­la­gen in der Schweiz ent­spricht. Die­se betru­gen im Jahr 2020 rund 489 Mrd. Fran­ken (wovon etwas weni­ger als ein Vier­tel auf die bei­den Gross­ban­ken ent­fiel), was etwa 37 Pro­zent der gesam­ten Ein­la­gen in der Schweiz von 1311,5 Mrd. Fran­ken entsprach.

Die ESI deckt also nur einen mini­ma­len Betrag aller Ein­la­gen, die eigent­lich ver­si­chert sind. Und nicht ein­mal der Betrag von 8 Mrd. Fran­ken steht im Kri­sen­fall per sofort in einer Kriegs­kas­se zur Ver­fü­gung, son­dern er muss zuerst von den nicht in einem Kon­kurs­ver­fah­ren ste­cken­den ande­ren Ban­ken innert sie­ben Tagen ein­ge­zo­gen werden.

Das jet­zi­ge Ein­la­gen­si­che­rungs­sys­tem ist im Grun­de gedacht für den Fall des Kon­kur­ses einer klei­nen Bank, wo nach der Ver­wer­tung der vor­han­de­nen Akti­ven über­schau­ba­re Beträ­ge an Kun­den­gel­dern unge­deckt blei­ben, die dann soli­da­risch von den ande­ren, nicht­be­trof­fe­nen Ban­ken über­nom­men wer­den, um das Ver­trau­en in das Ban­ken­sys­tem zu schützen.

Das Sys­tem ist jedoch in kei­ner Wei­se in der Lage, bei einer grös­se­ren und flä­chen­de­cken­den Ban­ken­kri­se oder gar bei der Kri­se einer Gross­bank einen rele­van­ten Anteil der Kun­den­ein­la­gen zu sichern. Es wäre auch nicht ver­ur­sa­cher­ge­recht, wenn die ande­ren Ban­ken beim Unter­gang einer Gross­bank, für den sie kei­ne eige­ne Schuld trifft, 8 Mil­li­ar­den auf­wer­fen müssten.

Für die feh­len­den Mit­tel bis zum vol­len Betrag der «gesi­cher­ten» Ein­la­gen von 489 Mrd. Fran­ken müss­te aber sowie­so der Bund ein­sprin­gen, um die «gesi­cher­ten» Ein­la­gen wirk­lich zu sichern. Und geht man gar davon aus, dass der Staat impli­zit alle Kun­den­ein­la­gen bei Ban­ken in der Schweiz sichert, so ent­sprä­che dies den genann­ten 1311,5 Mrd. Fran­ken. Aus­ser im Fal­le eines Welt­un­ter­gan­ges wird es zwar nie zum Risi­ko eines Total­ver­lusts der gesam­ten Kun­den­ein­la­gen in der Schweiz kom­men. In einem Kri­sen­fall soll­te aber das Geld in einer Kriegs­kas­se zum sofor­ti­gen Ein­satz bereit­ste­hen. Dies ist der Fall bei der Ein­la­gen­ver­si­che­rung in den USA, der «Federal Depo­sit Insuran­ce Cor­po­ra­ti­on (FDIC)». Der von den Ban­ken über Gebüh­ren gespeis­te Fonds stand per Ende 2023 auf 128,2 Mrd. US-Dol­lar, was 1,27 Pro­zent aller ver­si­cher­ten Ein­la­gen ent­sprach. Dar­über hin­aus kann die FDIC Mit­tel beim Staat lei­hen, eige­ne Schuld­pa­pie­re aus­ge­ben und ist zudem gedeckt durch den Kre­dit des US-Staates.

Die Schweiz ist eine viel klei­ne­re Volks­wirt­schaft als die USA, der Zusam­men­bruch einer Gross­bank oder eine all­ge­mei­ne Ban­ken­kri­se stellt für sie eine noch viel grös­se­re Gefahr dar. Es wäre nun ein pas­sen­der Moment, ein­mal nach­zu­den­ken über einen mög­li­chen Umbau der heu­ti­gen Ein­la­gen­si­che­rung zu einer eigent­li­chen Ver­si­che­rung gemäss dem FDIC-Modell. Mit jähr­li­chen Prä­mi­en der Ban­ken wür­de ein Risi­ko­fonds für den unmit­tel­ba­ren Not­fall geäufnet.

Wie bei der FDIC wären die Prä­mi­en nach dem Volu­men sowie der Risi­koklas­se der Kre­di­te einer Bank zu gestal­ten. Klei­ne­re Ban­ken mit tra­di­tio­nel­len, kon­ser­va­ti­ven Kre­di­ten wür­den damit auto­ma­tisch im Ver­gleich gerin­ge­re Prä­mi­en zah­len als die gros­sen Ban­ken mit ihren ris­kan­te­ren Kre­dit­ge­schäf­ten und kom­ple­xen deri­va­ti­ven Produkten.

Damit käme das Prin­zip der ver­ur­sa­cher­ge­rech­ten Ver­tei­lung der Kos­ten, wo nicht alle Ban­ken über den glei­chen Kamm gescho­ren wer­den, zum Tra­gen. Zusätz­lich ist auch eine Prä­mi­en­be­las­tung denk­bar gemäss der Höhe des Gewinns und vor allem gemäss der Höhe der Bonuszahlungen.

Ban­ken- und Finanz­kri­sen wer­den sich auch in Zukunft nicht ganz ver­mei­den las­sen. Wich­tig ist, ob man rasch und ent­schie­den damit umge­hen und die Pro­ble­me lösen kann, wie es der Schweiz vor­erst gelun­gen ist. Damit die Risi­ken für die Steu­er­zah­ler in der Zukunft jedoch nicht noch grös­ser wer­den, dafür müs­sen jetzt die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen werden.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert